Meissl:
Mit Schirm, Charme und Innovation
Hauptsächlich die Gastronomie, aber auch Gemeinden und Tourismusverbände sind Kunden der J. Meissl GmbH in Pfarrwerfen. Fünfzig Mitarbeiter stellen, unter der Leitung von Geschäftsführerin Hermine Meissl, Schirme und Schirmbars mit Fokus Spezialanfertigungen her. Seit der Firmengründung vor über 40 Jahren steht Meissl für die Entwicklung im Outdoorbereich mit Schirmlösungen für verschiedenste Ansprüche. Im Interview spricht Hermine Meissl über Herausforderungen und ihre Herangehensweise an Innovationen.
Was ist für Sie Innovation?
Meissl: Innovation bedeutet nicht immer nur ein komplett neues Produkt auf den Markt zu bringen, sondern auch die bestehenden Produkte immer wieder in die neue Zeit bringen. Egal ob es wegen einer Norm, Umweltansprüchen, neuen Techniken oder verschiedensten Kundenanforderungen ist.
Sind Schirme innovativ?
Meissl: Unsere Lösungen sind es definitiv! Wir experimentieren viel mit Materialien, Farben und Formen. Auch die Anpassungen an Gebäude sind immerwährende Herausforderungen, weil sich auch diese in Form und Material verändern. Bei einer Glasfassade zum Beispiel kann nicht wirklich etwas befestigt werden. Also kommt eine herkömmliche Form der Beschattung wie eine Markise nicht in Frage. Deshalb haben wir Halbschirme entwickelt. Die Herausforderung dabei ist, die richtige Spannung für den Schirm zu bekommen, obwohl der hintere Teil fehlt.
Entweder man wächst mit den Anforderungen und findet immer wieder neue Lösungen oder man bleibt zurück. Das ist nicht einfach. Manchmal sollen wir eine eierlegende Wollmilchsau entwickeln. Unlängst haben wir eine Befragung unter Gastronomen gemacht und mittlerweile ist das Wohnzimmer im Freien eine Selbstverständlichkeit geworden.
Warum dann überhaupt ein Schirm anstatt eines Anbaus?
Meissl: Da geht es um das Erlebnis draußen. Die Leute wollen sobald sie Freizeit haben draußen sein und das auch genießen können. Mit der Schirmlösung mit Bar wird das ermöglicht: die Gäste können draußen essen und trinken, haben Sonnen- Wind und auch Regenschutz sowie andere Annehmlichkeiten.
Im Frühling genießen die Gäste gerne noch die Sonne, hier wird der Schirm geschlossen und wenn es noch zu kühl ist, schützen die hochfahrbaren Wände gegen den Wind. Im Sommer bietet der Schirm Schutz vor der Hitze und die Wände sind unten. Im Winter wird Schirm und Wand zu einer Raumlösung und oft mit Heizstrahlern ergänzt. Diese Flexibilität spricht für sich.
Wie wurde und wird Innovation im Hause Meissl gelebt?
Meissl: Früher hat mein Vater getüftelt, da waren wir um die zwanzig Leute. Mein Vater hat aufgrund eines Problems angefangen zu entwickeln. Er widmete sich ganz der Tüftelei und somit kamen in dieser Zeit auch weniger Aufträge, das waren schwierige Zeiten. Nach den ersten Schirmen, die eine Terrasse komplett überdachen konnten, gab es dann die Idee einer Gastronomin eine Bar dazu zu bauen. Danach wurde alles immer perfekter. Es wurden in Zusammenarbeit mit der Firma Hasenbichler Lösungen für die Barausstattung entwickelt. Dann wurden noch Heizungen eingebaut. Das Ganze wurde mit verschiedensten Windwänden ergänzt.
Heute sind wir um die fünfzig Leute und wenn nötig werden auch noch externe Leute für Entwicklungen dazu geholt. Wir legen viel Wert auf Design und sind viel unterwegs, um die besten Materialien sowie Lösungen zu finden. Auch werden in Zusammenarbeit mit Lieferanten Materialien weiterentwickelt, da vieles nicht so lieferbar ist wie wir es brauchen.
Wie gehen Sie an Innovation heran?
Meissl: Ausgangspunkt ist meist ein Problem, eine Anforderung oder es gibt eine Idee. Das kommt sowohl von den Kunden als auch von uns selbst. Vor ein paar Jahren hab ich die Meissl Forschungs- und Entwicklungs GmbH gegründet, um die nötigen Ressourcen zu haben, sich neuen Entwicklungen zu widmen. Im Alltagsgeschäft kann das sonst untergehen.
Die Projekte werden dann dieser übergeben. Dabei dürfen wir natürlich die Kosten nicht aus den Augen verlieren und als relativ kleines Unternehmen müssen wir auch beachten, nicht zu viele Projekte nebeneinander zu haben. In der Meissl FuE holen wir uns dann die richtigen Leute projektbezogen zusammen - interne und externe. Wir arbeiten zum Beispiel mit Designern mit technischem Background an der Überarbeitung alter Produkte, aber auch an Neuentwicklungen.
Was sind große Herausforderungen im Entwicklungsbereich?
Meissl: Wir sind in sehr exponierten Lagen unterwegs. Unsere Produkte sind Sand und/oder extremen Wind bis zu heftigen Stürmen, wie auf den Ost- und Nordseeinseln in Deutschland, ausgesetzt.
Lärmbelästigung ist auch immer wieder ein Thema. Die Leute wollen draußen sitzen und die Lösung muss so konzipiert werden, dass die Nachbarn nicht zu beeinträchtigt werden, sonst gibt es Probleme mit den Genehmigungen. Auch Bespannungsthemen haben uns in der Vergangenheit sehr beschäftigt. Es gab neue Verordnungen zum Umgang mit Chemikalien in Textilien. Beim Einsatz in der Praxis haben wir dann festgestellt, dass sich das Material ganz anders verhielt als vorher.
Um das zu beheben, haben wir extrem viel Arbeit investiert, geforscht und im großen Stil Tests gemacht: Welche Fäden, welche Nahtdichter führen zum besten Ergebnis? Wir haben eine neue Maschine gekauft und eine großangelegte Materialstudie durchgeführt. So etwas haben wir noch nie zuvor gemacht. Wir haben verschiedenste Materialien getestet und recherchiert was es weltweit gibt. Es ist uns gottseidank gelungen, das Ganze war aber sehr kosten- und zeitintensiv. Das war eine zwangsweise Innovation, weil wir dringendst eine Lösung gebraucht haben.
Haben Sie dabei auch wissenschaftliche Einrichtungen zu Rate gezogen?
Meissl: Ja, das haben wir auch gemacht. Es wurden Materialien in Laboren in Deutschland und auch bei den Laboren unserer Lieferanten analysiert. Wir mussten dringendst das Verhalten des Materials aufklären und eine Lösung finden.
Was sind Ihre neuesten Innovationen?
Meissl: Bei unserem neuesten Produkt haben wir aus der Not eine Tugend gemacht: oftmals ist es nicht möglich bei öffentlichen Plätzen oder Gehsteigen Fundamente für Schirme zu betonieren. Also haben wir ein flexibles Stahl-Fundament entwickelt das mit einer restauranttauglichen Sitzbank verkleidet wird. Der Kunde kann den Schirm nun jederzeit mit einem Hubwagen positionieren. Die Lösung kann als gesamtes Terrassenkonzept erweitert werden. Nach der ersten Vorstellung beim Event der „Premium Night“ haben wir alle Schirme verkauft. Das hat uns sehr gefreut, denn erst nach der ersten Präsentation auf dem Markt zeigt sich, ob das Produkt tatsächlich den erhofften Erfolgt hat und angenommen wird.
Derzeit arbeiten wir auch noch an verschiedenen anderen wichtigen Themen, wie Lärmschutz, Photovoltaik und an einem Relaunch von diversen Produkten. Davon möchte ich aber noch nicht allzu viel verraten.
Gibt es Aufträge die Sie nicht annehmen, weil sie nicht machbar sind?
Meissl: Manche Anfragen sind so verrückt, dass wir von Haus aus wissen, das ist eine Utopie, das können wir nicht machen. Aber in der Regel sind es logisch nachvollziehbare Wünsche und ein Projektteam ist dann um eine kundenspezifische Lösung bemüht.
Welchen Anteil haben die Mitarbeiter?
Meissl: Ich bin sehr stolz auf meine Mitarbeiter. Es ist wichtig, dass das Team gut zusammenarbeitet und sich ergänzt. Wenn man auf Erfolge aufbaut wächst man auch und man wird auch mutiger. Aber auch Misserfolge müssen im Team gemeinsam getragen werden.
Im Jahr 2011 haben wir den Betrieb komplett neu organisiert, da hat sich viel verändert und nicht alle kamen damit zurecht. Rückblickend sind aber genau die Leute geblieben, die etwas Neues nicht scheuen und spannende Veränderung mittragen. Wir setzen nun verstärkt auf Teamarbeit, Weiterbildung und Eigenverantwortung der Mitarbeiter.